BGH schränkt Widerrufrecht bei Finanzierungen ein
Der Tenor eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofes BGH lautet, dass zwei einzelne Verträge, die gemeinsam abgeschlossen werden, auch zwei getrennte Verträge bleiben. Der wirtschaftliche Zusammenhang des einen mit dem anderen Vertrag spielt dabei überhaupt keine Rolle. Entscheidend sind die Rechtssituation und die Tatsache, dass es sich um zwei eigenständige Rechtsgeschäfte handelt, die nicht miteinander verbunden sind.
Entscheidung betrifft den Vertragszeitraum bis zum vergangenen Jahrzehnt
In früheren Jahrzehnten war die Kombination aus einem langfristigen Darlehensvertrag sowie einer damit korrespondieren Kapitallebensversicherung ein ebenso beliebtes wie verbreitetes Baufinanzierungsmodell. Umgangssprachlich wurde es auch als „Beamtenkredit“ bezeichnet. In Höhe der Verbindlichkeit wie Darlehen oder Kredit wurde eine gleichlautende Kapitallebensversicherung abgeschlossen und direkt an den Financier abgetreten. Anstelle der monatlichen Tilgung zahlte der Bauherr die Versicherungsbeiträge. Darlehens- und Versicherungsablauf waren terminlich aufeinander abgestimmt. Das dann fällige Darlehen wurde aus der fälligen Kapitallebensversicherung bezahlt und war getilgt. Die Zahlung erfolgte direkt vom Versicherer an das Kreditinstitut; ein eventueller Überschuss wurde an den Versicherungsnehmer ausbezahlt. Diese Kombination war mit erheblichen Steuervorteilen für den Bauherrn/Versicherten verbunden. Seine Steuerlast reduzierte sich, sodass er über die Jahre oder Jahrzehnte hinweg jährlich an der Einkommensteuer sparte. Zusätzlich war seine Baufinanzierung von Beginn an finanziell abgesichert. Beim Ableben des Bauherrn wäre die Versicherung fällig geworden, die Baufinanzierung komplett abgelöst, und die Familienangehörigen entschuldet. Sie hätten ihre eigenen vier Wände nicht aus wirtschaftlichen Gründen wegen dem Tod des Hauptverdieners verlassen müssen.
Wirtschaftliches Junktim schafft keine gegenseitigen Rechte
Obwohl es sich bei den beiden Verträgen um ein Junktim handelt, wird dadurch keine Rechtssituation geschaffen. Der eine Vertrag wäre nicht ohne den anderen abgeschlossen worden, eins war nicht ohne das andere möglich. Auch wenn beide Vertragsabschlüsse, wie es heißt, über einen Schreibtisch gelaufen sind, so handelt es sich dennoch um zwei verschiedene Verträge mit ganz unterschiedlichen Vertragspartnern. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall waren es beim Vertragsabschluss Anfang der 2000er Jahre eine ausländische Großbank für den Darlehensvertrag und ein namhafter deutscher Lebensversicherer. Erfolgreich und letztendlich ohne Beanstandungen gekündigt wurde der Darlehensvertrag. In der Klage vor dem BGH wurde die anschließende Rückzahlung der bis dahin gezahlten Raten aus der Lebensversicherung gefordert.
Das geht so nicht, entschieden die Richter in Karlsruhe. Abgesehen davon, dass der eine Vertrag originär nichts mit dem anderen zu tun hat, handele es sich zwar um wirtschaftlich, aber nicht um rechtlich „verbundene Verträge“. Weiterhin war ausschlaggebend für die Entscheidung, dass die laufende Versicherungsprämie nicht aus dem Darlehen finanziert worden sei. Sinn und Zweck der Darlehensaufnahme sei nicht die Finanzierung der Kapitallebensversicherung gewesen. Im Falle einer Hausbaufinanzierung werde die Tilgung dadurch refinanziert, dass der Bauherr/Darlehensnehmer die monatliche Versicherungsprämie aus seinem laufenden Einkommen bezahlt, und dass aus der Versicherungsleistung heraus anschließend das Darlehen, also die Immobilienfinanzierung getilgt werde.
Widerrufrecht: Wäre dieses Urteil bei einer heutigen Finanzierung relevant
So verständlich und nachvollziehbar das BGH-Urteil ist, so wenig Relevanz hat es heutzutage und in Zukunft. Seit Anfang der 2010er Jahre sind die bis dahin geltenden Steuervergünstigungen weitgehend aufgehoben worden. Damit ist ein wesentlicher Grund für das Modell „Darlehen-Lebensversicherung-Tilgung bei Laufzeitende“ relativ uninteressant geworden. Für die reine Finanzierungsabsicherung genügt sowohl dem Bauherrn als auch dem Kreditinstitut eine entsprechend hohe, jedoch deutlich preisgünstigere Risikolebensversicherung.