Was die Zinserhöhung der EZB für Sie bedeutet
Das Wichtigste in Kürze
Im Juli 2022 beschloss die EZB nach mehr als sechs Jahren die erste Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt und leitete damit die Zinswende zu ihrer langjährigen Nullzinspolitik ein. Um die weiter steil nach oben galoppierende Inflation in den Griff zu bekommen, erhöhte die EZB in ihrem historischen Beschluss am 8. September 2022 den Leitzins erneut: diesmal um beachtliche 0,75 Prozentpunkte. Mit 1,25 Prozent hat der Zins für Hauptrefinanzierungen nun das Niveau von 2011 erreicht.
1. Wie hängen EZB-Zinserhöhung und Inflation zusammen?
Die EZB will mit ihrer Zinspolitik erreichen, dass die Preise im Euroraum stabil bleiben. Einfluss auf die Preise hat die EZB in einer freien Marktwirtschaft jedoch nur indirekt, indem Sie die Zinsentwicklung reguliert. Eigentlich gibt es drei Leitzinssätze, aber gemeint ist meist der Hauptrefinanzierungszinssatz. Dieser sagt aus, zu welchem Zins sich Banken Geld bei der EZB leihen können.
Mit den höheren Zinsen bekämpft die Notenbank die Inflation. Diese lag in Deutschland im August 2022 bei knapp acht Prozent. Im Euroraum erreichte die Inflation im Juli sogar ein Rekordniveau von 9,6 Prozent. Durch die Leitzinserhöhung nimmt die Zentralbank indirekt Einfluss auf die Preise. Höhere Zinsen sollen die Nachfrage dämpfen. Denn ein Anstieg der Zinsen bedeutet beispielsweise, dass Kredite teurer werden. Verbraucher kaufen weniger ein und versuchen mehr zu sparen. Unternehmen reduzieren ihre Investitionen. Dadurch sinkt die Nachfrage und folglich, so hofft man, gehen auch die Preise wieder nach unten.
Ob die Zinserhöhung tatsächlich die Inflation eindämmen kann, ist umstritten. Wenn ja, dann werden die Effekte wahrscheinlich erst in einigen Monaten sichtbar sein. Allein kann die Leitzinserhöhung das Problem nicht lösen. Denn auf die Energiemärkte hat die EZB keinen Einfluss. Hier sind Maßnahmen für Haushalte und Unternehmen gefragt, um die weiterhin stark anziehenden Energiepreise zu dämpfen.
2. Zinserhöhung und Sparen: Guthabenzinsen steigen
Sparer können sich freuen: Mit der Zinserhöhung steigen auch die Zinsen für frisch angelegte Geldanlagen. Das betrifft Tagesgeld, Festgeld und auch Sparbriefe. Jahrelang bewegten sich hier die Zinsen nahe null, nun steigen sie wieder an. Meist finden Sie die besten Zinsen nicht bei Ihrer Hausbank, sondern bei Online-Anbietern.
Ein Vergleich der Tagesgeldkonten lohnt sich, wenn Sie kurzfristig sparen und über Ihr Geld jederzeit verfügen möchten. Möchten Sie Guthaben länger anlegen, etwa zwischen sechs Monaten und drei Jahren, informieren Sie sich über die Festgeldzinsen. Hier liegen die Zinsen generell höher und Ihr Geld ist sicher angelegt.
Die steigenden Guthabenzinsen sind jedoch nur ein positiver Scheineffekt: Trotz der aktuellen Zinsentwicklung liegen die Zinsen deutlich unter der Inflationsrate. Ihr Geld, dass Sie auf ein Tages- oder Festgeldkonto anlegen, verliert an Kaufkraft und damit im Laufe der Zeit real an Wert. Möchten Sie langfristig Geld ansparen, sehen Sie sich besser nach anderen Anlagemöglichkeiten um, wie beispielsweise Aktien oder börsengehandelte ETFS.
3. Girokonto und Co.: das Aus der Negativzinsen?
Die Zinserhöhung der EZB scheint auch dem Negativzins ein Ende zu setzen. Banken müssen nun keine Strafzinsen für Einlagen bei der Zentralbank zahlen, und so haben viele Kreditinstitute ihr Verwahrentgelt für Kundenkonten schon abschafft. Während manche Banken die Strafzinsen komplett gestrichen haben, haben andere Geldinstitute ihre Einlagegrenzen deutlich nach oben gesetzt.
Für Kunden, deren Einlagen unterhalb dieser Grenze liegen, ist das Verwahrentgelt dadurch weggefallen. Dennoch gibt es immer noch viele Geldinstitute, die Minuszinsen erheben, auch wenn es inzwischen weniger sind als noch Anfang 2022. Auch hier lohnt sich ein Vergleich der Banken, wenn Sie Negativzinsen vermeiden möchten.
4. Zinserhöhung und Kredite: Kreditkosten ziehen an
Kreditnehmern verheißt die Zinserhöhung nichts Gutes. Wer einen Verbraucherkredit oder eine Baufinanzierung aufnimmt, muss zukünftig mit höheren Kosten rechnen. Der Grund: Mit den gestiegenen Leitzinsen sind auch die Kosten der Kreditinstitute, sich Geld zu beschaffen, nach oben geklettert. Meist geben die Banken die erhöhten Kosten an die Kreditnehmer weiter, indem sie die Kreditzinsen erhöhen.
Die Immobilienbranche hat in 2022 bereits einen Anstieg der Bauzinsen erfahren. Betroffen sind nicht nur diejenigen, die ein Haus bauen oder sich eine Immobilie kaufen wollen. Auch Darlehensnehmer, die einen laufenden Baukredit umschulden wollen oder nach Ende der Zinsbindung eine Anschlussfinanzierung suchen, müssen mit höheren Finanzierungskosten rechnen.
Bereits in der ersten Jahreshälfte in 2022 hatten die Bauzinsen mit etwa zwei Prozentpunkten kräftig angezogen. Das lag daran, dass Bauzinsen weniger direkt von der Leitzinsentwicklung abhängen. Denn für langfristige Zinsen wie beim einem Baukredit sind langfristige Bundesanleihen und Pfandbriefe von Bedeutung. Bereits seit Jahresbeginn hatten beispielsweise die Kurse für 10-jährige Bundesanleihen und für Pfandbriefe merklich angezogen.
5. Worauf Kreditnehmer angesichts der Zinsentwicklungen achten sollten
Möchten Sie einen Kredit aufnehmen, schieben Sie den Kreditantrag am besten nicht auf die lange Bank. Dann profitieren Sie noch von einem vergleichsweise niedrigen Zins. Insbesondere bei Immobilienfinanzierungen wirken sich die steigenden Zinsen immens auf die Kreditkosten aus. Hier entscheiden minimale Zinsunterschiede über einige Jahre Kreditrückzahlungen und Kreditsummen im vier- und fünfstelligen Bereich. Ihre Finanzierung sollte jedoch gut durchdacht und an die neue Situation angepasst sein.
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Haben Sie eine Baufinanzierung laufen, behalten Sie das Ende der Zinsbindung im Blick. Kümmern Sie sich rechtzeitig um eine Anschlussfinanzierung. Bis zu fünf Jahre vor Ende der Zinsbindung könnten Sie sich beispielsweise mit einem Forward-Darlehen einen günstigen Zins sichern. Wenn Sie mehrere Darlehen abbezahlen, kann Ihnen eine Umschuldung zu großen Spareffekten verhelfen.
Lassen Sie sich über die Möglichkeiten ausführlich beraten. Die Duratio Finanzierungsberater unterstützen Sie dabei gern und finden mit Ihnen eine Lösung, die zu Ihrer aktuellen Situation passt.
Autor dieses Artikels: Maurice Rost
Maurice ist BCO bei Duratio und zudem auch als Autor für spezielle Fachthemen unserer monatlichen Finanznews tätig. Vor allem guter Kaffee, Ehrlichkeit gegenüber Verbrauchern und die Unterstützung sozialer Projekte liegen ihm sehr am Herzen.
Fazit zum Beitrag: „Die aktuellen Zinsschritte der Europäischen Zentralbank besiegeln vorerst das Ende der Nullzins-Ära: Die Auswirkungen der Zinserhöhung sind in vielen Facetten für Verbraucher spürbar. Immer mehr Banken schaffen ihr Verwahrentgelt für Guthaben auf Bankkonten ab, und Sparer erhalten auf Ihr Tagesgeld oder Festgeld wieder Zinsen jenseits der Null. Auf Kreditnehmer kommen dagegen schwere Zeiten zu. Sie müssen zukünftig mit steigenden Kosten für Verbraucherkredite und Baufinanzierungen rechnen.
Aktuell bewegen sich die Zinssätze für Darlehen jedoch auf einem ähnlichen Niveau wie vor zehn Jahren. Das heißt, sie sind trotz allem immer noch niedrig. In den 1970er und 1980er Jahren lagen die Zinsen für ein Hypothekendarlehen teilweise bei fast 12 Prozent. Die Zinsentwicklungen sind also vergleichsweise moderat. Geplante Finanzierungen sollten Sie zügig angehen aber keinesfalls überstürzen.”